Zum Nachlesen: Andacht zum Sonntag Okuli

Foto: Ka Young Lee

„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes“ (Lukas 9,62)

Liebe Zuhörer*innen, 

„Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes“ (Lukas 9,62) – so lautet der Wochenspruch – ein bekanntes und auch ein anstößiges Wort, denn nicht nur die Landwirte sondern auch viele andere Menschen schauen zurück, um in der Spur zu bleiben oder wieder hineinzukommen. Natürlich wären wir in unserem Leben auch mal gerne zu neuen Ufern aufgebrochen, aber letztlich haben wir doch oft gute Bodenhaftung, hängen an unseren Familien, an der Heimat oder an der Arbeit. Letztlich sind wir doch Meropse, von denen in folgender kleiner Geschichte die Rede ist: „Ich muss dich noch etwas fragen“ sprach ein junger Adler zu einem schlauen Uhu. „Man sagt, es gäbe einen Vogel mit Namen Merops. Wenn der in die Luft steigt, dann fliegt der immer mit dem Schwanz voraus und hat den Kopf zur Erde gekehrt. Sag mal, Uhu, stimmt das?“ „Ach Adler, das ist eine Erfindung der Menschen. Der Mensch will nämlich selber solch ein Merops sein. Er will nämlich gern in den Himmel fliegen, will sich dabei aber nicht von der Erde lösen.“ Ja, so ist es leider. Wir Menschen uns ja gerne woanders hinbewegen, auch und vor allem zum Himmel, aber es fällt uns doch ganz schön schwer, Vertrautes hinter uns zu lassen. Nur ganz wenige von uns fliegen wirklich mit dem Kopf voraus zum Himmel, schauen einzig und allein auf Jesus und sein Reich, gehen ohne wenn und aber mit ihm und lassen alles andere, alles Vertraute hinter sich: Franz von Assisi oder Mutter Theresa zum Beispiel. Sind es also nur die, die dem Himmel ererben werden und die vielen anderen, die zwar zum Himmel schielen  aber auf der Erde wandeln, keine rechten Nachfolger Christi, sind sie nicht geschickt zum Reich Gottes? 

 

Ich glaube kaum, dass Jesus das so gemeint hat und dass er Nachfolge so radikal, so „ohne wenn und aber“ verstanden hat. Nachfolge kann verschiedene Wege bedeuten. Der Weg zum Reich Gottes kann radikal  oder auch gemäßigt, er kann abgehoben oder auch mit Bodenhaftung sein. Seienn Jüngern oder auch dem Landwirt, dem er unseren Wochenspruch ursprünglich zurief, traute Jesus einen besonderen Weg zu, einen Weg mit viel Entbehrungen, mit viel Verkündigung mit viel Arbeit. Ob sie den Weg dann wirklich gegangen sind, wissen wir nicht. Aber das ist auch nicht so entscheidend. Wichtig ist: Jesus traute es ihnen zu. 

 

Und wie ist es bei uns? Welcher Weg war und ist unser? Welcher Weg passt zu uns? Das muss jeder selber wissen und jeder selber ausprobieren und das kann sich im Laufe des Lebens auch wandeln. Es gibt Menschen, deren Weg zum Reich Gottes ist so wie bei den beiden Schwestern Maria und Marta, wo die eine zuhört und das Reich Gottes vor Augen gemalt bekommt, und die andere kocht und auftischt und Gemeinschaft erstehen lässt. Und es gibt Menschen, die kümmern sich um Leidende, Trauernde oder Einsame. Egal, welcher dieser Wege es nun ist, sie sind alle wichtig, weil alle Wege darum bemüht sind, Gott in unser Leben einzulassen und Menschen etwas von seinem Reich, von seinem Frieden und seiner  Gerechtigkeit, von seiner Liebe und seiner Gemeinschaft spüren zu lassen. 

 

Und dennoch macht der Wochenspruch Mut, auch mal gewohnte Bahnen zu verlassen, neue Wege zu gehen, die Hand an den Pflug zu legen, sich auch in anderer und radikalerer Weise für das Reich Gottes einzusetzen. Und dafür, gewohnte Bahnen zu verlassen, ist man nie zu alt. Es gibt Dinge, die kann man als junger Mensch natürlich besser, für Klimagerechtigkeit demonstrieren oder aber an einem Entwicklungs--hilfeprojekt in Afrika mitarbeiten. Aber es gibt Dinge, die kann man auch im Alter: Zum Beispiel mal mit ganz anderen Menschen, Menschen fremder Herkunft, zusammenzusein, ihre Geschichten zu hören, ihnen eigene Lebenserfahrungen mitzugeben, und wenn es nach Corona wieder möglich ist, mit ihnen gemeinsam zu kochen, zu feiern. Oder sein Geld nicht ausschließlich den Kindern und Enkeln, die womöglich selbst genug haben, zu geben sondern damit die Tafeln für Arme oder die Menschen in den Flüchtingscamps an den EU-Außengrenzen zu unterstützen.  Jesus hat mal gesagt „Das Reich Gottes ist mitten unter Euch“ Wir sind alle in unterschiedlicher Weise auf dem Weg zum Reich Gottes. Das gilt es im Blick zu behalten und wer kann, möge mit Gottes Hilfe mal die Spur wechseln und dem Reich Gottes und seiner Vielfalt womöglich etwas näher kommen. Nur Mut zum Denken und zum Tun! Amen. 

 

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