Zum Nachlesen: Ansprache zum 12. Sonntag nach Trinitatis

„Er hat alles wohl gemacht; die Tauben lässt er hören und die Sprachlosen reden.“ (Markus 7).

 

Liebe Zuhörende, 

„Hephata – tue dich auf“ – so sagt Jesus im heutigen Predigttext zu einem Taubstummen, der von Freunden zu ihm gebracht wird, legt ihm seine Finger in die Ohren und auf die Zunge – und siehe da: der Mann kann wieder hören und reden und seine Freunde loben Jesus über alle Maßen und rufen: „Er hat alles wohl gemacht; die Tauben lässt er hören und die Sprachlosen reden.“ (Markus 7).
 

„Hephata – tue dich auf“ – so heißt auch das große Diakoniezentrum in Schwalmstadt, in dem ich groß geworden bin, und in dem Menschen mit Beeinträchtigungen, Jugendliche in besonderen  Lebenslagen, Suchtkranke und viele andere Menschen mit einem speziellen Hilfebedarf offene Türen finden und willkommen sind und ihnen geholfen wird, ihren Weg im Leben zu finden und zu gehen.
 

„Hephata – tue dich auf“ – schön wär´s, wenn sich durch dieses Wort wirklich die Ohren und Münder von tauben und stummen Menschen wieder auftun würden, Blinde wieder sehen, Lahme wieder gehen könnten. Bei Jesus scheint das damals vor zweitausend Jahren bei dem Taubstummen und anderen Menschen, denen er im Laufe seines Lebens begegnet ist, geklappt zu haben – unzählige andere aber blieben trotz „Hephata – tue dich auf“ taub, stumm, blind, lahm oder krank. Natürlich kann man heute viel therapieren und Menschen mit Beeinträchtigungen viel Teilhabe am Leben ermöglichen – mehr als noch vor einigen Jahrzehnten und Jahrhunderten – aber ganz geöffnet bekommt man viele Ohren, Münder und Augen oft nicht und auch viele Gehbehinderungen und Krankheiten bleiben trotz bester Unterstützung.
 

Und dennoch sagt Jesus nicht nur zu dem Taubstummen damals sondern auch zu allen anderen Menschen seiner Zeit und auch zu den Menschen heute: „Hephata – tue dich auf“. Ich frage mich, ob Jesus das Wort nicht viel umfassender gemeint hat, ob er dabei nicht nur die Tauben, Stummen, Blinden, Lahmen, Kranken im Blick hatte, sondern auch und vor allem die, die ihr Herz nicht öffnen, die zwar hören können, aber nicht hören, die reden können, aber nicht reden, die sehen können, aber nicht sehen, die gehen können, aber nicht gehen, die anpacken und helfen können, es aber nicht tun – so wie die drei berühmten Affen, die sich die Ohren, die Augen und den Mund zuhalten. 
 

„Hephata – tue dich auf“. – sagt Jesus und legt mit diesem Wort den Finger in die Wunde, denn es gibt leider immer wieder und überall viel zu viele Menschen, die die Augen und Ohren vor dem verschließen, was um sie herum und in der Welt so passiert und die ihren Mund und ihre Hände nicht auftun, um dem Schlechten zu wehren und Gutes voranzubringen. Es gibt so viele Menschen, die wollen sich mit der Bedrohung der Schöpfung, der Gewalt, der Ungerechtigkeit und vielem mehr einfach nicht beschäftigen, obwohl sie ihnen zunehmend vor und auf die Füße fällt. Es gibt so viele Menschen, die denken nur an sich und denen ist es scheinbar egal, was um sie herum passiert.
 

„Hephata – tue dich auf“. – legt Jesus aber allen Menschen ans Herz. Tue dich auf für Gott und seine Liebe und wunderbare Schöpfung. Tue dich auf für alles, was in dir und um dich herum ist. Tue dich auf für ein buntes, vielseitiges, lebendiges Leben. Höre und schau, wo Leben ist und erhebe deine Stimme und deine Hand für alles, was dem Leben dient, und tu den Mund auf gegen alles, was Leben bedroht, und handle entsprechend.
 

„Hephata – tue dich auf“ -  wir vertun uns viel, wenn wir uns verschließen, wir gewinnen aber viel, wenn wir uns öffnen mit dem, wo wir uns öffnen können. Wenn wir uns anderen Menschen und Gottes Schöpfung zuwenden und uns für ein gutes Miteinander einsetzen, dann tut das nicht nur anderen gut, dann tut das auch uns gut, dann erleben wir ein wenig von Gottes Reich, das mitten unter uns angefangen hat und auf deren Vollendung wir zustreben. „Hephata – tue dich auf“ – öffnen wir uns, so viel wie wir können – Gott will uns in seinem Sohn Jesus Christus dabei helfen. Amen.
 

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