Zum Nachlesen: Ansprache zum 4. Sonntag nach Trinitatis

„Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“ Genesis 50, 20

Liebe Zuhörer*innen,

„Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen“ – so heißt im Predigttext dieser Woche aus dem 50. Kapitel des 1.Mosebuches – einer der schönsten Sätze der Bibel am Ende einer der schönsten Geschichten der Weltliteratur – ein Satz, den Josef, der Urenkel Abrahams, zu seinen Brüdern sagte, die ihm in seinem Leben so übel mitgespielt hatten. Erst waren sie eifersüchtig auf ihn, hänselten ihn, grenzten ihn aus, sperrten ihn ein und dann verkauften sie ihn als Sklaven nach Ägypten und überließen ihn seinem Schicksal. Viele Jahre später, als Josef in Ägypten zu einem mächtigen und reichen Mann aufgestiegen war, standen sie ganz kleinlaut vor ihm, weil sie in ihrer Heimat eine Hungersnot hatten und Hilfe brauchten, und da sagte Josef diese berühmten Worte „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“ 

 

Ob wir an Josefs Stelle diesen Satz auch so gesagt hätten und ob wir ihn in vergleichbaren  Situationen sagen würden? Wohl kaum! Wenn uns jemand über Jahre schikaniert hätte, in der Familie, im Freundeskreis, in der Schule, an der Arbeit, in der Nachbarschaft, in der Gesellschaft und wir die Möglichkeit bekommen würden, dem anderen eins auszuwischen, ihm das Angetanene heimzuzahlen. dann würden wir es womöglich auch tun. Und Josef hätte das vermutlich auch getan, hätte seinen Brüdern ihre Bosheit heimgezahlt, wenn er nicht am eigenen Leibe erfahren hätte, dass Gott die Macht besitzt, auch noch die böseste Geschichte zum Guten zu wenden und am Ende sogar noch besser dazustehen als vorher. Und so konnte Josef zu seinen Brüdern sagen: „Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“ Und auf Grund der Größe Gottes hatte er nun die Größe gelassen zu sein und echte Versöhnung anzubieten und neuanzufangen. 

 

Wenn wir doch dieselbe Größe zeigen würden wie Josef, wenn wir doch auch darauf vertrauen würden, dass auch in bösen Geschichten Gott bei uns ist und auch in bösen Geschichten Neuanfänge und Chancen liegen können und dass Gott auch böse Menschen zur Umkehr bewegen kann! Ja, wenn wir doch die gleiche Größe wie Josef hätten, dann würde nicht Leid mit Leid, Unrecht mit Unrecht und Böses mit Böses vergolten und die Spirale des Leids und des Bösen immer höher geschraubt werden, sondern dann würden wir Schuld benennen und Schuld bekennen, würden uns aufeinander zubewegen, würden darauf schauen, was Gott in uns gelegt hat, würden darauf setzen, dass Gott uns einen gemeinsamen Weg zeigt, würden Zukunft gemeinsam gestalten, würden erleben, das am Ende o wie bei Josef und seinen Brüdern alles gut, vielleicht sogar besser wird. 

 

„Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen.“ – ein Satz und ein Ende einer Geschichte, die Mut machen, genau hinzuschauen, umzukehren, aufeinander zuzugehen, neu miteinander zu beginnen, sich auf den Weg zu machen und zu erleben, dass Gott ein gutes Ende für alle bereit hält. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer hat das mal in die folgenden Worte gefasst:„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.“. Ich wünsche uns, dass wir so wie Josef und seine Brüder mit Gottes Hilfe den angestammten Weg verlassen, einen neuen Weg bestreiten und zu einem guten Ziel kommen. Amen. 

 

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