Liebe Gemeinde,
im Wonnemonat Mai schweben normalerweise viele „im siebten Himmel“ oder holen sich „den Himmel auf Erden, die Männer, die heute auf den Vatertagsausflug gehen, Paare die heiraten, Vereine, die feiern. Kein Wunder, dass im Mai viel los ist, strahlt doch die Sonne und blüht doch alles auf.
Ja im Wonnemonat Mai ist es normalerweise für viele himmlisch und doch dürfen die Sonne, die Blütenpracht, die Feiern nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für andere Menschen in dieser Zeit gar nicht himmlisch ist, ja dass sie gerade das Aufblühen von anderen Menschen sehr bedrückende erleben. Das Wort von Goethe „Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten“ hat für sie eine besondere Bedeutung. Gar nicht himmlisch ist es zum Beispiel für Menschen, die schwer mit Corona zu kämpfen oder Menschen verloren haben, oder für Menschen, die keine Arbeit mehr haben. Für viele dieser Menschen ist der Himmel nicht spürbar oder in weite Ferne gerückt, schreit ihr Elend zum Himmel. Viele dieser Menschen spricht vermutlich das bekannte Lied „Himmel auf“ der Band „Silbermond“ aus dem Herzen.
„Wann reißt der Himmel auf, auch für mich, auch für mich?“- so der sehr eingängige und zig-mal wiederholte Refrain dieses Liedes. Welch eine Sehnsucht, die sich in diesen Worten widerspiegelt und die die Sehnsucht vieler Menschen unserer Tage aufnimmt. Wann reißt der Himmel auf? nicht nur für die anderen, auch für mich, nicht groß, aber ein wenig und mit ein bisschen Glück? Wer so wie der Mann oder die Frau aus unserem Lied jeden Tag 1000 Kreuze trägt, vor lauter Sorgen nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht, am Sinn des Lebens zweifelt, der wäre auch mit einem ganz kleinen Himmel zufrieden.
Und selbst dieser kleine Himmel, nach dem so gehungert wird, ist ihnen verwehrt, weil diese Menschen selbst nicht mehr dazu in der Lage sind und andere Menschen von ihrem Himmelnichts abgeben.
„Wann reißt der Himmel auf, auch für mich, auch für mich?“ - nicht nur für einen Teil der Menschen, sondern für ganz viele Menschen? Ich weiß es nicht. Keiner weiß es. Aber ich ahne, wie der Himmel aufreißen kann, wie es ein wenig heller und lebendiger werden kann. Als Christ bin ich davon überzeugt, dass der Himmel durch den Glauben an Jesus Christus, durch den Glauben an sein Leben, sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung aufreißen kann, zumindest so viel, dass man leben kann.
Gott ist kein Gott, der uns Menschen einst geschaffen und dann sich selber überlassen hat und sie tun und machen lässt und mit ihnen tun und machen lässt, wie es einem gefällt. Sondern Gott ist ein Gott, dem seine Schöpfung und dem auch die Menschen unendlich viel wert sind und am Herzen liegen. Und deshalb hat Gott die Menschen nicht nur geschaffen sondern ist in Jesus Christus selber Mensch geworden, hat mit ihnen gelebt, gelitten, ist gestorben und auferstanden und in den Himmel aufgefahren, nicht um wieder ganz weit weg zu sein, sondern um immer und überall für die Menschen da zu sein und dem Tod das Leben entgegenzusetzen. Der in den Himmel aufgefahrene Christus will den Himmel auf Erden bringen. Er tut das, indem er den mächtigen ins Gewissen redet, sie zum Umdenken bewegen will. Der in den Himmel aufgefahrene Christus bringt aber den Himmel auch dadurch auf Erden, indem er die Sinne für Gottes wunderbare Schöpfung schärft. Schließlich bringt er den Himmel auf Erden, indem er sich den Leidenden zur Seite stellt, ihnen Kraft schenkt, ihr Leiden durchzustehen, ihnen Mut macht, ihre Stimme zu erheben, zu klagen, zu bitten, einzufordern, sich mit anderen Leidenden zusammenzuschließen.
„Wann reißt der Himmel auf, auch für mich, auch für mich?“ Ich weiß nicht, wann, aber ich glaube fest daran, dass der Himmel durch das Leben Sterben, Auferstehen und Auffahren Jesu Christi für jeden Menschen aufreißen kann und letztlich auch aufreißen wird, für die Gesunden und Kranken, Starken und Schwachen, Jungen und Alten, Fröhlichen und Traurigen, für alle. Ich wünsche uns, dass wir an dieser Möglichkeit festhalten und offen sind für das Wirken Jesu Christi, damit jeder Mensch mindestens ein klein bisschen Himmel erfährt, ein kein bisschen Glück, eine Ahnung vom Reich Gottes. Amen.